18. Februar 2013

Ein Kaninchen und ein Meerschweinchen?

Es gibt immer noch viele Menschen, die ihren Kindern mit Haustieren eine Freude machen wollen. Die Wahl fällt dann schnell auf Meerschweinchen oder Kaninchen, weil sie die perfekte Kinderzimmergröße haben und pflegeleicht sind. Schließlich muss man mit ihnen nicht Gassi gehen und sie sind nicht so zickig wie Katzen, sondern lassen sich angeblich so gerne streicheln. Da die Entscheidung für eine Tierart aber dann doch schwer fällt, wird eben beides genommen.

Und schon können sie einziehen: ein Meerschweinchen und ein Kaninchen.

Doch es gibt unzählige Gründe, die gegen diese Haltung sprechen!

Da wären zum Beispiel die unterschiedlichen Platzansprüche. Ein Meerschweinchen ist ein Fluchttier und es kann gar nicht genügend Versteckmöglichkeiten im Gehege geben. Häuschen, Unterstände, Röhren, Heuhaufen- das erfreut das Meerschweinchenherz.

Kaninchen hingegen brauchen Platz. Sie möchten hoppeln, Haken schlagen, Männchen machen. Sie sind voller Energie und können ausgiebig buddeln. Natürlich brauchen auch sie ein Schutzhäuschen, allerdings sind viele Röhren, Unterstände und andere Einrichtung ihnen hauptsächlich im Weg.
Um beiden gerecht zu werden müsste man folglich ein sehr großes Gehege bauen in dem dann die Bedürfnisse von beiden erfüllt werden. Können sie das bieten?

Ein weiterer Grund, der gegen die Haltung spricht ist das unterschiedliche Kommunikationsverhalten. Meerschweinchen verständigen sich untereinander hauptsächlich durch Quietschlaute. Wenn sie sich wohlfühlen kann das Ganze auch in einer beeindruckenden Lautstärke stattfinden. Sie muckern z. B.  um dem Partnertier (oder im besten Fall: dem Rudel) zu signalisieren „Ich bin hier“. Aber auch um anzuzeigen, wo Futter ist, wer der Chef ist und so weiter. Sie plappern mitunter ununterbrochen.
Der wichtigste Punkt, den man wegen ihres weichen Fells oft vernachlässigt: Meerschweinchen kuscheln nicht. Wenn sie Platz haben um sich aus dem Weg zu gehen dann tun sie das auch. Sie ruhen vielleicht nebeneinander oder berühren sich mit den Näschen. Richtig kuscheln tun sie hingegen sehr ungern. Deswegen sind Meerschweinchen auch KEINE Kuscheltiere, als die sie fälschlicherweise oft verkauft werden. 

Wie verhalten sich nun Kaninchen? Kaninchen kommunizieren über Körpersprache. Sie kuscheln sich liebend gerne zusammen und putzen sich gegenseitig um sich ihre Zuneigung zu zeigen. Je lieber sie sich haben, desto mehr und ausgiebiger wird geputzt. Ohren, Augen, Köpfchen,…
Geräusche geben Kaninchen hingegen eigentlich nur in einem einzigen Fall ab: in absoluter Todesangst. In solch einer Situation schreit ein Kaninchen in einem sehr hohen schrillen Ton.

Was bedeutet das nun für das Zusammenleben? Kaninchen sind in erster Linie völlig verunsichert. Hohes Quietschen kennen sie wie gesagt nur als Ausdruck von Panik. Aber Meerschweinchen quietschen den ganzen Tag lang! Eine schier unerträgliche Situation für das Kaninchen. Es ist dauerhaft gestresst und unsicher, weil es das Quietschen keiner entsprechenden Situation zuordnen kann.
Aber auch dem Meerschweinchen geht es nicht besser. Es mag kuscheln und Körperkontakt nicht. Das Kaninchen allerdings kommt es ständig anstupsen und leckt es ab. Das Meerschweinchen versucht sich auf Meerschweinchen-Art zu ergeben indem es das Köpfchen nach oben streckt. Das Kaninchen denkt: „Klasse, es mag das Abschlecken“ und macht weiter. Das Meerschweinchen gerät nun seinerseits in Panik, weil es nicht weiß, wie es dem Kaninchen entkommen soll und verfällt im schlimmsten Fall in eine Art Schockstarre: es stellt sich tot (!) und lässt alles über sich ergehen in der Hoffnung, dass es möglichst bald aufhört. 

Kaninchen hoppeln außerdem um ihre Artgenossen (manchmal auch um ihre Halter) herum, um ihnen zu signalisieren, dass es sie mag. Versucht es das nun wiederum beim Meerschweinchen fühlt dieses sich gejagt. 

Auch was das Futter betrifft haben Kaninchen und Meerschweinchen nicht die gleichen Bedürfnisse. Fallen sie nicht auf die Futterverpackungen herein, die oft im Tierhandel angeboten werden und auf denen Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster abgebildet sind. Hier lohnt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe: steht an erster Stelle Getreide bzw. „pflanzliche Nebenerzeugnisse“ lassen sie es stehen. Es tut ihrem Tier nicht gut. 

Wenn sie den Entschluss gefasst haben, sich Haustiere zuzulegen und genügend Platz haben um 2 halten zu können: entscheiden sie sich für eine Tierart. 

Mit der Haltung von einem Kaninchen und einem Meerschweinchen tun sie keinem der beiden Tiere einen Gefallen. Beide leiden und vereinsamen, weil der Andere sie nicht versteht. Im schlimmsten Falle entwickeln sich schwere Verhaltensstörungen, die es den Tieren unglaublich schwer machen später mit Artgenossen zurecht zu kommen.  

Informieren sie sich vorher über beide Tierarten und überlegen sie, was sie sich von ihrem zukünftigen Haustier wünschen. Meerschweinchen sind in erster Linie Beobachtungstiere. Sie möchten nicht gestreichelt oder gekuschelt werden, schon gar nicht von unvorsichtigen Kinderhänden. Aber es kann unglaublich schön sein, glücklichen Meerschweinchen, die ausreichend Platz haben, zuzugucken. Für 2 Meerschweinchen ist ein Platzangebot von mindestens 1qm nötig (wobei es niemals zu groß sein kann), aber eine Rennstrecke von mindestens 1,40m sollte gegeben sein. In diesem Fall werden ihnen die Meerschweinchen genügend Anreiz zum beobachten geben.

Kaninchen sind kommunikativer, auch ihren Haltern gegenüber. Wenn sie ihnen vertrauen und gelernt haben, dass sie nett sind und nichts Böses wollen (zwangskuscheln, an den Ohren ziehen, o. ä.) kommen Kaninchen auch von sich aus angehoppelt und zeigen ihnen ihre Zuneigung durch Umhoppeln oder Anschlecken. Auch streicheln lassen sich Kaninchen sehr viel lieber als Meerschweinchen das tun. Aber auch hier gilt: lassen sie das Kaninchen entscheiden. Wenn es weg möchte lassen sie es und halten sie es nicht fest weil SIE (oder das Kind) kuscheln wollen. Manche Kaninchen hören mit der Zeit sogar auf ihre Namen und werden nicht selten mit kleinen Hunden verglichen (was nicht bedeutet, dass sie das arme Tier an einer Leine herumführen sollen). Allerdings brauchen 2 Kaninchen aufgrund ihrer Bewegungsfreude ein dauerhaftes Platzangebot von 2qm. Außerdem ist darauf zu achten, dass auch nach oben ausreichend Platz ist, damit sie Männchen machen können. Dies brauchen sie, um sich einen Überblick zu verschaffen. 
Gestalten sie das Gehege außerdem stabil, Kaninchen sind wahre Ausbruchskünstler. Wenn es irgendwo eine noch so kleine Lücke gibt: ihre Kaninchen werden sie finden und zu nutzen wissen.

Machen sie also nicht den Fehler und zwingen zwei völlig verschiedene Tierarten zum Zusammenleben. Überlegen sie sich vorher, was sie wollen, welches Platzangebot sie zur Verfügung stellen können und entscheiden sie erst dann, welche Tierart sie sich anschaffen. Treffen sie zum Wohle der Tiere eine „entweder-oder-Wahl“: entweder Meerschweinchen oder Kaninchen.

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